Sei dort, wo du bist
Maria sprang aus dem Bett und schaute auf ihre Uhr.
Sie war spät dran. Sie hatte so fest geschlafen, dass sie nicht einmal bemerkt
hatte, wie ihr Mann und die Kinder das Haus verlassen hatten. Doch vage konnte
sie sich erinnern, dass sie die Tür hinter ihnen abgeschlossen und sich wieder
ins Bett gelegt hatte.
Nach einer blitzschnellen Dusche stand sie schon im
Fahrstuhl und versuchte, ihre Schnürsenkel zu binden. Den Zopf band sie schnell
im Auto, und schon war sie bereit, sich auf den Weg zu machen. Als sie sich im
Rückspiegel betrachtete, sah sie die dunklen Ringe unter ihren Augen.
„Wann hört das endlich auf?“, fragte sie sich
vorwurfsvoll.
Kaum hatte sie den Motor gestartet, bemerkte sie,
dass sie ihr Handy vergessen hatte.
„Verdammt!“
Also noch einmal schnell hoch in die Wohnung – dann
konnte sie endlich losfahren.
Angekommen bei der Arbeit, erwartete sie das nächste
Chaos: Besprechungen, Berichte … Es gab so viel zu erledigen. Alles schwirrte
ihr durch den Kopf. Es spielte sich regelrecht ein Theater in ihren Gedanken ab
– Streitigkeiten, Einigkeiten – Themen, die durch ihren Kopf gingen. Ihre
Gedanken waren überall, nur nicht bei der Arbeit.
Sie dachte darüber nach, was sie am Abend kochen
sollte. Außerdem musste sie ihrem Mann nach der Arbeit noch ein Geschenk
besorgen – es war ihr Hochzeitstag. Und ihr Sohn hatte in der letzten
Mathearbeit schlecht abgeschnitten – er brauchte dringend Nachhilfe.
Es war nicht mehr lange bis zu den Sommerferien. Auf
dem Heimweg versuchte sie, organisatorische Dinge zu erledigen. Doch selbst der
Weg nach Hause bedeutete für sie puren Stress. Sie sehnte sich so sehr nach den
Ferien. Den ganzen Winter über hatte sie vom Sommerurlaub geträumt – nach
Strand und Meer, nach einer ruhigen, schönen Ecke der Welt. Ohne Chaos, ohne
Lärm.
„Ach, die Mail habe ich vergessen abzuschicken …“
Maria musste ihren Tagträumen eine kurze Pause gönnen.
Ihr Kopf – und ihr Tag – waren immer hektisch und
überfüllt. Sie musste tagsüber an so vielen Meetings teilnehmen, dass ihre
Augen ständig auf die Uhr fielen. Ein Kaffee zwischendurch tat ihr gut, doch
auch das hatte sie mittlerweile übertrieben.
Mittags mochte sie es früher, mit ihren Kollegen zu
essen, doch inzwischen hatte sie dafür keine Zeit mehr. Die Arbeit stapelte
sich, sie kam einfach nicht hinterher. Es tat ihr gut, sich mit ihren
Freundinnen zu unterhalten – das lenkte sie zumindest für eine Weile ab. Aber
seit ihrer Beförderung herrschte nur noch Chaos in ihrem Leben.
Jedes Mal, wenn sie in den Spiegel blickte, sah sie
das Unglück in ihrem Gesicht. Die Freude an ihrem Leben war verschwunden. Ihre
Freunde fanden sie in letzter Zeit oft „mürrisch“ und „gereizt“.
Sie fühlte sich wie ein Roboter, der Tag für Tag
seine Aufgaben abarbeitete – nicht mehr und nicht weniger. Sie war erschöpft
und fürchtete, dass dieser Zustand niemals enden würde.
Und dann war es endlich so weit: zwei Wochen Sonne und Strand. Nun konnte sie abschalten und sich entspannen. Sie war genau da, wo sie das ganze Jahr über hatte sein wollen: Sonne im Gesicht, der kleine Sohn im Meer, ihr Mann neben ihr – genau so, wie sie es sich erträumt hatte.
Trotz allem war sie alles andere als entspannt.
Selbst ein Sprung ins kalte Wasser konnte daran nichts ändern. Die Stimmen in
ihrem Kopf wurden nicht leiser. Eine Planung jagte die nächste.
„Nach dem Sonnenbad muss ich die Badetücher zum
Trocknen aufhängen. Danach kann ich Mama anrufen, abends können wir im Garten
grillen und morgen früh dann ein Spaziergang…“
Sie war zwar im Urlaub, musste aber trotzdem an die
Arbeit denken:
„Diese Woche kommen die Kunden aus dem Ausland.
Hoffentlich klappt alles wie geplant und wir bekommen den Auftrag…“
„Maria, bist du hier anwesend?“ Ihr Mann sah
sie an – er bemerkte, dass sie wieder in Gedanken versunken war.
Maria konnte es selbst nicht glauben: Sie hatte sich
das ganze Jahr auf diesen Urlaub gefreut, doch jetzt war nur ihr Körper
anwesend – ihre Gedanken waren es nicht. Man sah ihr den Stress an. Sie
lächelte, doch sie war angespannt.
Sie war sich dessen bewusst. Und sie wusste auch,
dass sie die Menschen um sich herum unglücklich machte.
Wo lag der Fehler? Was machte sie bloßfalsch?
Es konnte doch nicht falsch sein, ein Familien- und
ein Arbeitsleben unter einen Hut zu bringen… Solange man alles richtig plant,
dürfte doch nichts schiefgehen.
Doch die Realität sah anders aus: Nichts lief wie
geplant. Sie hatte einfach nicht genug Zeit, und in der ständigen Hektik konnte
sie nicht erkennen, was sie falsch machte.
Das Gedankenkarussell hinderte sie daran, wirklich
zu leben.
Wie kann der Mensch aus diesem Teufelskreis
ausbrechen?
Denn der Schein trügt: Nach jeder erledigten Aufgabe
denkt man, dass die Anspannung nachlässt. Aber so läuft es nicht.
„Wenn der Papierkram erledigt ist… Wenn ich mit dem
Putzen fertig bin… Wenn ich alle Termine geschafft habe… Dann kommen Körper und
Seele zur Ruhe“, denkt man.
Doch dann merkt man, dass man weder den Kaffee noch
die Zeit mit der Familie genießen konnte.
Wenn der Mensch sich in diesem Chaos verliert,
findet er nicht mehr heraus. Denn er vergisst den Sinn des Lebens – den Sinn
seines Daseins.
Solange man lebt, wird es keine vollständige Ruhe
geben. Das Leben verlangt von uns, dass wir an unserem Tun Freude haben.
Glücklich sein bei jeder Arbeit, bei jedem Handgriff, bei jedem Atemzug, bei
jedem Schritt und bei jedem Blick.
Wenn der Mensch das Glück nicht findet, wendet er
sich der Vergangenheit zu – den schönen Zeiten und Erfolgen, die er einst
hatte.
Doch wir sollten das Glück nicht in der
Vergangenheit suchen, sondern in der Gegenwart – im Hier und Jetzt.
Denn nur in der Gegenwart können wir unser Glück
gestalten. Nur hier sind wir wirklich handlungsfähig.
Wenn wir das Gleichgewicht in unserem Leben
verlieren, verlieren wir auch den Sinn des Lebens. Dann versuchen wir jeden
Morgen aufs Neue, den Tag zu retten, und hoffen am Abend auf Ruhe und
Entspannung.
Auch ein Auto kommt nicht plötzlich zum Stillstand.
So ist es auch im Leben: Wenn die Richtung, in die man beschleunigt, nicht mit
dem Rest des Lebens übereinstimmt, holen uns die Probleme schnell ein.
Bei hoher Geschwindigkeit kann man nicht einfach die
Kurve kriegen – man muss den Fuß vom Gas nehmen und leicht bremsen, um eine neue
Richtung einzuschlagen.
Das bedeutet: Jeden Tag zwei Stunden vor Feierabend
die Arbeit verlangsamen, damit man sich später auf die Familie konzentrieren
kann. Und jeden Abend vor dem Schlafengehen sich auf den nächsten Tag
vorbereiten – damit der Morgen nicht im Chaos beginnt.
Denn erst dann können wir da sein, wo wir wirklich
sind. Das ist das Geheimnis, wie wir dem Dasein und jeder Situation gerecht
werden können.
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"Im Leben gibt es nur eine
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Yahya Hamurcu
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